Nils, der aus einem Helikopter ein Boot baut
Wie und mit was spielen eigentlich Kinder im Gönhard? Ich habe mich auf Spurensuche gemacht und bin auf den 12-jährigen Nils aus der Saxerstrasse gestossen. Um es vorweg zu nehmen: Er ist nicht unbedingt der klassische 08/15-Spielzeug-Bub. Viel mehr ist er ein kleiner Daniel Düsentrieb mit ausgeprägtem Tüftler-Gen. So hat er zum Beispiel den E-Gokart erfunden. Das spezielle Teil besteht aus einem für defekt erklärten Hoverboard, die Steuerung und das Gerüst stammen aus einem Kleiderständer, mit dem man auch die Gleichgewichtssensoren bedient. Und als Fahrersitz dient ein alter Holzstuhl, den Nils in der Brocky gefunden hat. Kein Wunder, ist mir und meinem Hintern die offerierte Spritztour mit dem E-Gokart in bleibender Erinnerung geblieben.
Flugzeug aus Zahnstochern
Nils ist seit frühen Kinderjahren von Fahrzeugen fasziniert. So hat er schon an Flugzeugen, Helikoptern, Ruderbooten und anderen Fortbewegungsmitteln herumgebastelt. Einmal hat er zum Beispiel aus rund 1000 Zahnstochern ein anderthalb Meter grosses Flugzeug konstruiert.
Do-it-Yourself in Norwegen
Nils’ Familie hat lange Zeit auf der Insel Stord zwischen Bergen und Stavanger im norwegischen Fylke Vestland gelebt. Dort ist die Do-it-Yourself-Szene aus rein praktischen Gründen sehr gross: Weil Bastelläden und Baumärkte weit entfernt liegen, ist es am sinnvollsten, wenn man kaputte Dinge selber repariert oder zusammenbaut. Die vielen langen und dunklen Wintertage sind wie geschaffen dafür. Die Familie von Nils hat für dieses schöne Hobby eine alte Scheune in eine Werkstatt umgebaut.
Nils’ Vater Harald steht Nils bei seinen Projekten seit Jahren mit Rat und Tat zur Seite, vor allem wenn es um Elektronik geht. Die Impulse, die Neugier und die Ideen kommen vom Schüler selbst.
Zurück in der Schweiz
Seit 2016 ist die Familie zurück in der Schweiz und im Gönhard sesshaft. Am Anfang fragten sich die Eltern von Nils, wie er den Umzug wohl verkraften würde. Die Antwort liess nicht lange auf sich warten. Als zum ersten Mal Schrottsammlung im Quartier war, staunte Nils’ Mutter Daniela nicht schlecht, als der Junge eine Ladung Altmetall von der Schule nach Hause schleppte. Von da an war klar: Nils hat die Lust am Tüfteln und Basteln von Norwegen mit in die Schweiz genommen.
Ein Boot gegen das Heimweh
Im Schrott war auch ein kaputter Modellhelikopter dabei. Daraus baute Nils, nebst dem oben erwähnten E-Gokart, ein ferngesteuertes Motorboot. Ich habe Nils gefragt, weshalb er nicht einfach im Spielwarengeschäft ein fertiges Modellboot gekauft hat. Seine Antwort: «Das ist langweilig. Diese Modelle gehen schnell kaputt. Und sie sind so fest verleimt, dass man sie nicht selber flicken kann.»
Das ferngesteuerte Boot, das Nils selber geschnitzt und zum Laufen gebracht hat, ist eine Miniatur von dem echten Boot, das Nils und sein Vater in Norwegen einst selber restauriert haben. Für Nils ist dieses Boot das Symbol für Heimweh. Mich würde es nicht wundern, wenn Nils dieses Boot später einmal in Originalgrösse nachbaut und mit ihm von Aarau aus bis hinauf nach Norwegen fährt. Was für ein schönes Gedankenspiel rund ums Spielen im Gönhard.